Klassische Lehrkonzepte
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Problem-Based Learning
Problembasiertes Lernen (PBL) ist eine praxisorientierte Lehr-/Lernmethode, bei der die Studierenden in Kleingruppen selbstgesteuert authentische Problemstellungen bearbeiten, während Lehrenden sie als Begleiter:innen betreuen.
Sieben Merkmale des PBL
- Im Zentrum des Lernens stehen die Studierenden.
- Lernen findet in kleinen Gruppen mit Begleitung durch Lehrende statt.
- Lehrende nehmen eine unterstützende und beratende Rolle ein (Coaching-Rolle).
- Die Lernenden werden mit realitätsnahen (authentischen) Problemen konfrontiert, ohne (!) dass vorher Wissensinhalte vermittelt wurden.
- Die Konfrontation mit dem Problem bzw. dessen Lösung dient als Mittel, das erforderliche Wissen und die zu vermittelnden Fähigkeiten und Kompetenzen aufzubauen.
- Für die Lösung des Problems muss „neues“ Wissen bzw. müssen „neue“ Fertigkeiten selbstgesteuert erworben/aufgebaut werden.
- Die Studierenden lernen durch PBL, dass die Probleme, die sie lösen, repräsentativ für ein bestimmtes Feld oder für eine bestimmte Problemstellung sind.
Was ist ein „Problem“ in PBL?
Mit dem Begriff „Problem“ ist im Zusammenhang mit PBL das Problematische einer Situation oder einer Fragestellung gemeint.
Ein „Problem“ weist folgende Merkmale auf:
− eine Situation ist aus mehreren Perspektiven zu betrachten, um sie adäquat wahrzunehmen,
− wesentliche Informationen für ihre vollständige Betrachtung / Durchdringung fehlen,
− die Situation weist mehrere, miteinander verwobene Komponenten auf,
− es ist ein Ziel bekannt, dessen angestrebte Erreichung in Frage steht,
− das Hindernis, das der Zielerreichung im Weg steht, lässt sich nicht mittels Routineaktivitäten beseitigen, sondern erfordert kollaboratives Analysieren, Nachdenken und Erarbeiten von Problemlösungen.
Grundsätzlich sollten im PBL nur authentische Probleme, also konkrete, real existierende Situationen übernommen oder konstruiert werden. Ist das nicht der Fall, fehlt die Legitimität des Problems – und damit ein großer Motivationsfaktor
Welche Lösungen gibt es in PBL?
In PBL sind am Beginn in der Regel viele Lösungsansätze denkbar und richtig, denn PBL ist grundsätzlich ergebnisoffen. Diese Offenheit sollte während der Planung von Aufgabenstellungen für Problemlösungen berücksichtigt werden:
Je offener eine Aufgabe ist, desto schwieriger kann sie (sowohl für Lehrende als auch Lernende) sein, vor allem, wenn die Beteiligten eindeutig vorhersehbare Lösungsprozesse und Ergebnisse gewohnt sind.
Das bedeutet, dass die Aufgabenstellungen möglichst genau auf das Wissensniveau und das Lösungskompetenzniveau der Lernenden abgestimmt sein müssen, damit Unter- oder Überforderungen vermieden werden.
Wie entwickle ich einen PBL-Prozess?
8 Schritte bzw. Prinzipien zur Erstellung eines PBL-Prozesses
- Relevante und authentische Problemstellung auswählen
- Ideales Ergebnis = Zielzustand definieren
- Offene, komplexe, klar voneinander abgegrenzte Aufgabenstellungen bestimmen, die auf dem
- Weg zur Lösung zu erarbeiten sind
- Mehrere Wissensgebiete integrieren
- Fokus auf Problemlösekompetenzen legen
- Klare Rahmenbedingungen vorgeben
- Angemessene Zeitfenster einplanen
- Feedback und Reflexion integrieren
Was gehört in den PBL-Werkzeugkoffer?
- Schriftliche Darstellung des Ablaufs
- Schriftlich ausformulierte Problemstellung
- Schriftliche Qualitätskriterien für gute Ergebnisse, z.B.
− Beispiel einer guten Problemdefinition
− Muster einer Hypothese
− Beispiele und Kriterien für evidenzbasierte Überprüfung von Hypothesen
- „Ad hoc“-Werkzeuge für die Visualisierung / Verschriftlichung von Ideen, Gedanken, Hypothesen etc.
− Muster von Tabellen / Vorlagen für Systematisierung
− einfache Methoden für Priorisierung von Überlegungen
− Einfache Evaluationsskalen für Gruppensituation/-stimmung
− Gesprächsregeln für Gruppenarbeiten und -diskussionen
- Für die Abschlussevaluation:
− Vorher-/Nachher-Darstellungen (Lernzuwachs, Anwendungsgebiete)
− Concept Maps für die Darstellung von Problemzusammenhängen
− Benennung der erforderlichen Informationsgrundlagen und ihrer Eigenschaften
− Kurzevaluierung des Lernprozesses
Dauer von PBL-Prozessen
- PBL ist in der Regel nichts für einen unterhaltsamen Nachmittag
- Dauer von PBL-Prozessen: in der Regel mehrere Wochen, oft 6-8 Wochen (bei durchschnittl. LV von 30 SWS und 3 ECTS) – ermöglicht straffen, zielorientierten
Prozess
− Zeit für Einarbeitung, Teamfindung, Recherchen, Analysen, Feedback, Zwischenreflexionen, Vorbereitung von Präsentationen etc. notwendig
- Nicht ideal: PBL-Prozess über ganzes Semester erstrecken – Konzentrations- und
Motivationsverlust vorhersehbar
- Für PBL ist eine gewisse (Selbst-)Lernkompetenz vorteilhaft, häufiger ist das bei BA bei fortgeschritteneren Semestern eher zu erwarten
- PBL und geblockte LVs:
− Erfordert sehr klar abgegrenzte, kompakte Problemsituationen
− Mehr Vorwissen ist hilfreich
− Ressourcen müssen unmittelbar verfügbar sein (z.B. sehr gut vorausgewählte Literaturauszüge)
− Feedbacks u.U. nicht oder nur eingeschränkt möglich
− Kognitive Last beachten!
Literatur
Armstrong, E. G. (2008). „A Hybrid Model of Problem-based Learning“. In Boud, David; Feletti, Grahame (eds.). The challenge of problem-based learning. Routledge
Boud, D. & Feletti, G.I. (1997). The Challenge of Problem-Based Learning. Kogan Page.
Mair, M. et al. (Hg.) Problem-Based Learning im Dialog: Anwendungsbeispiele und Forschungsergebnisse aus dem deutschsprachigen Raum. Facultas.
Mamede, S./Schmidt, H. G./Norman, G. R. (2006). Innovations in Problem-based Learning. What can we Learn from Recent Studies? In: Advances in Health Sciences Education, 11(4), Special issue: Innovations in Problem-based Learning, S. 403-422.
Müller, C. (2012) Wie sieht ein gutes Problem aus? In: Folio 3, S. 26-30. Online:
https://phzh.ch/MAPortrait_Data/91919/22/1203_claude_m%C3%BCller_definitiv.pdf (24.11.2019)
Strittmatter-Haubold, V. (2016) Problem Based Learning. Eine Methode für wirksame Lernsettings in der wissenschaftlichen Weiterbildung? In: Hochschule und Weiterbildung 1, S. 50-55.